
Hotel Kosmos (2012)
Im westlichen Belgien, eingebettet in eine sanft hügelige Landschaft, liegt das, was einmal das Hotel Kosmos war. Der Hotelbetrieb wurde 1936 ins Leben gerufen – in exzellenter Lage, mit einem atemberaubenden Blick auf Wälder, Wiesen und Weite. Es war einst ein Ort für Familien, Gruppen, Sommerferien mit Tischtennis, Limonade und Freibadpommes.
Der Erfolg blieb nicht aus – und mit ihm kamen die Erweiterungen: ein eigenes Bettenhaus, großzügige Gruppenunterkünfte, ein gut besuchtes Freibad. Das Konzept war einfach: Zugänglichkeit mit Aussicht.
Doch die Zeiten änderten sich.
2002 wurde dem Hotel die Betriebslizenz für das Freibad entzogen – mutmaßlich aus Sicherheitsgründen, vielleicht war einfach kein Geld mehr da für die notwendigen Sanierungen. Ohne das Freibad blieben die Gäste aus. Kurz darauf folgte die Insolvenz. Der Rest ist, wie so oft, Verfall auf Raten.
Verfall und Modernität liegen oft näher beieinander, als man denkt. Manchmal ist ein Neubau günstiger als eine Sanierung. Manchmal wird aus einer Bastelgruppe ein Wellnesstempel, aus einem Speisesaal ein Parkplatz. Was bleibt, sind Spuren. Und ein leiser Satz: „Hier war einmal etwas.“
Ich betrete das verlassene Hotel durch den Haupteingang. Oder das, was davon übrig ist. Der Eingangsbereich mit dem Treppenhaus ist ausgebrannt. Offenbar hat hier jemand mit Feuer gespielt – im besten Fall jugendlicher Unsinn, im schlimmsten: pure Zerstörungslust.
Ich gehe weiter, durch den Rezeptionsbereich, in das Foyer. Ein großer Sitzbereich liegt vor mir – die Polster ausgebleicht, das Kunstleder aufgeplatzt. Und doch: Die Aussicht bleibt grandios.
Draußen breitet sich die hügelige Landschaft aus, als würde sie alles mit Geduld ertragen.
Rechts entdecke ich den großen Restaurationsbereich. Die eingeschlagenen Panoramafenster lassen den Wind frei ins Innere wehen. Die Gardinen tanzen, lösen sich sanft vom Stoffband, als wollten sie noch einmal Raum unterteilen. Einzelne Tische, ein umgestürztes Buffet – Flair im Verfall.
Trotz Bedenken wage ich den Aufstieg in den ersten Stock. Die schwarz verkohlten Holzstufen sind feucht, instabil. Ich setze jeden Schritt mit Vorsicht. Der beißende Geruch des Brandes liegt noch immer in der Luft. Die Zimmer sind vom Rauch braun eingefärbt, das Licht ist gedämpft, alles wirkt wie aus einer vergessenen Zwischenwelt.
Im Bettenhaus waren bereits die Kupferdiebe. Kein Strom mehr, keine Technik – nur noch Etagenbetten und gruppentaugliche Zweckmäßigkeit. In einem weiteren Nebentrakt liegen die Aufenthaltsräume für Regentage. Hier wurde gebastelt, mit Lötkolben Namensschilder graviert, griechische Abende für Eltern vorbereitet.
Und dann: das einstige Highlight – das Freibad.
Verwaist, verwittert. Das Becken leer, die Umkleiden zerstört. Kein Chlorgeruch, keine Kinderstimmen. Nur Stille. 2002 wurde es geschlossen, vermutlich aus Sicherheitsgründen. Vielleicht aber auch, weil einfach die Zeit abgelaufen war.
Hotel Kosmos ist kein verlorenes Luxushotel. Es ist ein Ort, der zeigt, wie Freizeit einmal gedacht war: ehrlich, zugänglich, schlicht. Und es ist ein Ort, der beweist, wie schnell sich diese Denkweise ändert. Was bleibt, sind Bilder eines Sommers, den es so nie wieder geben wird.



























































