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Château Chevalier (2025)


Erbaut im Jahr 1751, war dieses Herrenhaus einst ein Nebengebäude einer der bekanntesten Abteien Belgiens. Seine Herkunft lässt sich bis heute erkennen: Die Initialen der Ordensgemeinschaft prangen noch immer gut sichtbar an der Straßenseite – ein stiller Hinweis auf die tiefe Verwurzelung dieses Ortes in der Geschichte.

Lange Zeit diente das Château wohlhabenden Familien als repräsentatives Wohnhaus. Hier lebte man zurückgezogen, aber nicht bescheiden – mit Stil, aber ohne Prunk. Und irgendwann, wie so oft, wurde es ruhig. Seit rund zehn Jahren steht das Haus leer. Und doch wirkt es nicht verlassen – eher abwartend. Inzwischen wird es offen zum Verkauf angeboten.

Anfangs bin ich skeptisch. Von der Straße aus wirkt das Haus unscheinbar, fast gewöhnlich. Nichts deutet auf einen besonderen Fund hin. Unter normalen Umständen wäre ich wohl einfach vorbeigefahren. Doch heute habe ich die Urbex-Brille auf – und die verändert den Blick.

Tatsächlich zeigt sich schnell: Der Zugang ist völlig unspektakulär. Kein Klettern, kein Verstecken. Einfach eine Tür, die nicht mehr verriegelt wurde. Der Einstieg ist ebenso leise wie das Haus selbst.

Im Inneren: Stille. Und Größe.

Château Chevalier ist fast vollständig leer. Und trotzdem – oder gerade deshalb – spricht es. Die Räume sind groß, hoch, würdevoll. Holzvertäfelungen zieren die Wände, sorgfältig gearbeitete Dekorelemente unterbrechen die Flächen. Der Boden: hochwertiger Marmor, der in der Nachmittagssonne fast zu leuchten scheint. Es wirkt fast zu gut, um verlassen zu sein.

Dies ist einer dieser seltenen Orte, bei denen man sich wünscht, dass nichts verändert wird. Keine Schmierereien, keine Umbauten, keine Geschichten aus zweiter Hand. Nur Stille. Und Respekt.

Im Erdgeschoss öffnet sich ein Ensemble aus großzügigen Wohnräumen, Empfängen, Salons. Alles in Proportion und Harmonie. Oben, im Obergeschoss, findet man mehrere Schlafräume, dazu ein herrschaftliches Bad, lichtdurchflutet und mit einer Badewanne, die mehr ist als nur ein Funktionsgegenstand. In einem Nebentrakt schließlich befinden sich die Diensträume – kleiner, funktionaler, aber ebenso solide ausgeführt. Das soziale Gefüge ist noch immer ablesbar in der Architektur.

Die Bausubstanz ist erstaunlich gut. Kein Schimmel, kaum Verfall, nur der Staub der Jahre. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Ort eine Folgenutzung erhält – ob als Wohnhaus, Kanzlei, Gästehaus oder Kulturstätte. Die Voraussetzungen wären da.

Doch bis dahin bleibt es ein Ort der Ruhe. Ein Ort, der nicht spektakulär sein will – sondern würdig. Und genau das macht ihn so besonders.


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