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Sinteranlage Duisburg (2007)


Mitten zwischen Wohnblöcken, Autohäusern und Schrebergärten liegt sie: eine stillgelegte Sinteranlage in Duisburg-Beeck. Fast unscheinbar, wenn man nur vorbeifährt – doch wer genauer hinschaut, erkennt schnell: Hier stand einmal ein bedeutendes Zahnrad im Getriebe der Stahlindustrie.

Ich besuchte die Anlage im Frühjahr 2002. Die Sonne stand hoch, das Licht war perfekt – und trotz deutlich sichtbarem Vandalismus und bereits fortgeschrittener Entkernung zeigte sich das Gelände von seiner fotogenen Seite. Vieles war zwar verschwunden – Maschinen, Förderbänder, Technik – aber der Produktionsfluss war noch erkennbar. Man sieht irgendwann mit einem gewissen Blick: Von wo kam das Material? Wo wurde gesintert? Und wohin ging das Ergebnis?

Achtung, einsturzgefährdet

Wer hier unterwegs ist, braucht mehr als eine gute Kamera – nämlich auch gutes Schuhwerk, Vorsicht und ein gesundes Maß an Respekt.
Tiefe Schächte, große Löcher im Boden und brüchige Laufstege machen die Begehung der Anlage zu einer kleinen Mutprobe. Ein Fehltritt kann schnell im zehn Meter tiefer gelegenen Nichts enden. Besonders im hinteren Teil der Anlage begann der Beton unter mir zu knacken – ein eindeutiges Zeichen: Rückzug. Keine Diskussion.

Was passiert eigentlich in einer Sinteranlage?

Sinteranlagen sind ein Produkt der Prozessoptimierung – technischer Fortschritt im Dienst der Hochöfen. Hier wird feinkörniges Material wie Erzstaub, Konzentrate, Gichtstaub und Zuschläge mit einem Brennstoff vermischt, angefeuchtet und auf einen umlaufenden Rost gegeben. Von oben wird das Gemisch angezündet – der enthaltene Kohlenstoff verbrennt und sorgt dafür, dass die einzelnen Partikel zusammenbacken.

Was herauskommt, nennt sich Sinter: kleine, feste Stücke oder Pellets, die direkt im Hochofen verwendet werden können. Das Verfahren ist nicht nur effizient, sondern auch ressourcenschonend – sogar feinster Staub kann so weiterverarbeitet werden, statt verloren zu gehen.

Rückblick – 1959, als alles noch neu war

Ein Blick ins Archiv lohnt sich:
In der Werkszeitschrift der Phoenix-Rheinrohr AG hieß es im Jahr 1959 über die neue Sinteranlage am Meidericher Schlackenberg:

„Die neue Sinteranlage […] hat in der Mitte des Jahres 1957 ihre Produktion aufgenommen. Bis zu 4.000 Tonnen Sinter kann diese Anlage täglich erzeugen. Und wenn das im Bau befindliche dritte Sinterband anläuft, wird die Tagesproduktion auf 6.000 Tonnen ansteigen. […]
Dieser sogenannte Sinterkuchen wird dann in für den Hochofeneinsatz passende Stücke gebrochen. Auf diese Weise kann man die Hochöfen erheblich entlasten. […] Bei höherem Sintereinsatz steigt die Leistung der Hochöfen, der Koksverbrauch sinkt – wirtschaftlicher geht’s kaum.“

Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Maximierung – Begriffe, die das industrielle Denken dieser Zeit prägten.
Und doch ist davon heute nur noch ein Schatten aus Beton und Eisen übrig.

Fazit

Die Sinteranlage in Duisburg-Beeck ist ein stiller Ort der Geschichte.
Ein Ort, der einst glühend heiß war, von Staub, Feuer und metallischer Lautstärke geprägt. Heute ist er stumm, brüchig und fast vergessen.
Doch wer ihn betritt, sieht noch die Strukturen des Prozesses, spürt die Größe der Industrie – und weiß, dass das Ruhrgebiet auch hier seinen Takt verloren hat.

Update 03/2004: Seit einigen Monaten wird die Sinteranlage abgerissen.
Update 08/2007: Bei einem zufälligen Besuch nur geringe Spuren eines Abrisses. Weiterhin sind die Kupferdiebe schwer bei der Arbeit.
Update 07/2010: Erneuter Besuch der Sinteranlage. Die Zeit ist stehen geblieben.
Update 07/2013: Nach wie vor ist das Objekt ein Objekt der Begierde. Leider ist nun auch der erste
Tote zu beklagen.
Update 12/2014: Eine
Meldung in der WAZ berichtet über den begonnenen Abriss der Sinteranlage.
Update: 12/2015: Die Sinteranlage ist
gesprengt worden.

Video von der
Sprengung



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